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Fütterungsbedingte Krankheiten – wenn Kraftfutter krank macht …

Auch, wenn Kraftfutter essentiell für eine gesunde hochleistende Kuh ist, muss es in Maßen gefüttert werden. Erst einmal ist Kraftfutter nicht dazu da unausgewogenes Futter auszugleichen, sondern ein gesondertes Futtermittel. Grundfutter ist quasi die Futterbasis (meistens ein Gemisch aus Mais-und Grassilage), die mit Raps, oder Soja ausgeglichen wird (Ausgleichsfutter). Zusätzlich wird nach Leistung Kraftfutter zugeflüttert. Ausgewogen ist ein Futter immer dann, wenn es sich in etwa zu 50 % aus Protein (Eiweiß) und 50 % Energie zusammensetzt (Energie : Protein)

Im Grundfutter ergänzen sich Maissilage (Energieüberschuss) und Grassilage (Proteinüberschuss) optimal.

Nimmt das Verhältnis von Kraftfutter zum Grundfutter aber Überhand kann das die Gesundheit der Kuh ernsthaft einschränken. Denn die kurzkettigen Fettsäuren, die bei der Fermentation von Kraftfutter im Pansen frei werden, wirken stark versäuernd. Normalerweise, sofern der Kraftfuttereinsatz begrenzt und der Rohfaseranteil (bspw. durch schwer verdauliches Gras, Heu, Stroh) bei etwa 18 Prozent liegt, kaut die Kuh regelmäßig wieder. Beim Wiederkauen produziert eine Kuh etwa 200 Liter Speichel. Im Speichel ist Natriumhydrogencarbonat enthalten, das den pH-Wert im Pansen stabilisiert und die Mikroorganismen der Kuh schützt (saurer pH würde sie abtöten).

 

Was passiert, wenn die Kuh in zu kurzer Zeit zu viel Kraftfutter frisst?

Nimmt eine Kuh in zu kurzer Zeit zu viel Kraftfutter und nicht genügend pufferndes Grundfutter zu sich, dann droht im schlimmsten Fall eine sogenannte „Pansenazidose“. Das kann zum Beispiel besonders schnell passieren, wenn eine Kuh abrupt energiereicheres Futter bekommt (Stichwort Futterumstellung). Eine Pansenazidose ist nichts anderes, als eine Übersäuerung des Pansens. Grund für die Übersäuerung ist die Bildung einer großen Menge Milchsäure (Laktat), die wiederum einen Großteil der wertvollen Mikroorganismen, mit denen der Pansen besiedelt ist, abtötet. Diese Bakterien sind normalerweise dafür verantwortlich, dass eine Kuh für andere Tiere schwerverdauliches Futter aufschließen kann.

Die Verläufe einer Pansenazidose können sehr unterschiedlich sein und kann man sich vereinfacht wie eine Art Zuckerschock vorstellen. Besonders problematisch an einer Pansenazidose ist, dass sie in unbehandelter Form leicht in einen Teufelskreis und damit einen lebensbedrohlichen Zustand umschlagen kann. Denn das massenhafte Absterben der für die Verdauung und Gesundheit der Kuh lebensnotwendigen Bakterien und Einzeller (im Pansen) und das angesäuerte Milieu im Pansen senken die Futter- und Wasseraufnahme und damit auch die Milchleistung. „Liegt eine Kuh fest“, sprich steht sie nicht mehr freiwillig wieder auf, dann ist der gesamte Kreislauf bedroht. Während eine leichte Pansenazidose mit der Fütterung von rohfaserreichem Futter wie Heu oder Futterstroh therapierbar ist, müssen bei schwereren Formen häufig Infusionen mit pufferndem Bicarbonat (als Ausgleich des verringerten Speichels) oder Antibiotika verabreicht werden.

Die Fütterung einer Kuh wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf die Gesundheit der Kuh aus, die Pansenacidose und Ketose sind nur Beispiele für Krankheiten.

Was passiert, wenn eine Kuh zu wenig Kraftfutter (oder zu wenig energiereiches Grundfutter) frisst?

Aber auch zu wenig Energie im Futter (zum Beispiel durch eine zu geringe Zufütterung von Kraftfutter) kann eine Milchkuh krankmachen. In den ersten Wochen nach einer Kalbung hat die Kuh ein natürliches Energiedefizit. Das heißt, dass sie einen Energiemangel hat. Denn mit Einschießen der Milch (wenige Tage vor der Kalbung) steigt ihr Energiebedarf rapide an, aber ihre Futteraufnahme nicht. Sie ist in dieser Zeit auf besonders energiereiche Nahrung angewiesen, aber in der Kuh ist nicht genug Platz, um eine große Menge Futter aufzunehmen. Denn Kalb und Nachgeburt konkurrieren mit dem Magenvolumen. Solange sich die Gebärmutter (Uterus) nach der Kalbung „zurückbaut“, kann sich der Pansen nicht vollständig ausdehnen. Hättest du gedacht, dass diese Rückbildung fast einen ganzen Monat dauert? In dieser Zeit besteht das Risiko, dass eine Kuh an einer sogenannten „Ketose“ erkrankt: Nimmt sie zu wenig Energie (also mehr Protein, als Energie) auf, dann werden auch zu wenig kurzkettige Fettsäuren (Energielieferanten vgl. oben) gebildet und die Kuh gleicht diesen Mangel über den Abbau von diesen Fettsäuren aus ihrem Körperfett aus. Die Fettsäuren, die nicht in der Milchdrüse und damit im Milchfett ankommen, gelangen in die Leber der Kuh. In der Leber werden dann sogenannte Ketonkörper gebildet. Werden zu viele Ketonkörper in der Leber gebildet, dann wird die Kuh ernsthaft krank, sie frisst deutlich weniger, gibt weniger Milch und hat allgemein ein schwächeres Immunsystem. Eine Kuh, die an einer Ketose erkrankt, kann daher auch relativ schnell eine Pansenazidose und / oder eine Euterentzündung (Mastitis) bekommen. Behandelt werden kann eine Ketose zum Beispiel mit einer Glucose (Traubenzucker) Infusion.

 

Milch aus Gras?

Vielleicht hast du schon mal von dem Konzept „Milch aus Gras“ gehört? Aber auch in einer „weidebasierten Milchviehhaltung“ bekommen die Kühe Kraftfutter zu gefüttert (bspw. im Melkstand). Weidesysteme, bei denen die Kühe die meiste Zeit des Jahres über auf den Weiden bleiben, gibt es zum Beispiel in Irland und Neuseeland. „Weidebasiert“ bedeutet soviel wie, dass das Grundfutter (in den meisten Milchviehbetrieben eine Mischung aus Mais- und Grassilage) vor allem durch die Weide abgedeckt wird. Wichtig für diese Systeme ist die Qualität des Weideaufwuchses (auf einer mageren Weide lässt sich schlecht Milch produzieren). Wusstest du, dass die Energiewerte (Zuckergehalte) von Gras übers Jahr schwanken und nicht konstant sind?

Für eine weidebasierte Haltung bieten sich auch Milchrassen wie beispielsweise das Jersey Rind an (weniger Milchmenge, aber mehr Fett, als eine Holstein-Friesian-Milchkuh).

 

Die Tierernährung selbst ist ein komplexes Fachgebiet, ein Grund, weshalb der tierhaltende Landwirt in der Regel bei der Zusammenstellung seiner Futterrationen beraten wird.

 

Natürlich gibt es Kraftfutter nicht nur für Milchkühe, eine kleine Auswahl über ein paar Kraftfuttermittel und ihre Inhaltsstoffe auch von anderen tierischen Vertretern findest du demnächst hier.

 

Du hast noch Fragen, Feedback oder Ergänzungen? Dann immer raus mit der Sprache, du kannst mir jederzeit einen Kommentar, oder eine Mail dalassen. Ich freue mich auf dich!

Literatur:
Kirchgeßner (2014): Tierernährung, Leitfaden für Studium, Beratung und Praxis,  14. aktualisierte Auflage von Stangl, Schwarz, Roth, Südekum und Eder, Frankfurt am Main, Deutschland: DLG-Verlag GmbH

 

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