Es folgt eine Roomtour im Auftrag einer konventionellen Milchkuh:
Hey du!
Ich bin Krümel und ich lebe auf einem konventionellen Milchviehbetrieb mit rund 180 weiteren Mädels. Wie ihr sicher wisst gebe ich nur Milch, wenn ich vorher ein Kalb geboren habe. Dafür werde ich im Alter von circa 18 Monaten, also circa 1 1/2 Jahren einem Bullen vorgestellt. Das ist aber kein Solo-Date, den Prinz Charming teile ich mir dann auf der Weide und im Stall mit gleichaltrigen Mädels. Von diesen Prinzen gibt es später insgesamt zwei Stück in der Erwachsenen-Herde (milchgebend). Mein erstes Kalb erwarte ich mit 27 1/2 Monaten, also im Alter von fast drei Jahren. Im Schnitt tragen wir Kühe 266 Tage (9 1/2 Monate).
Bevor wir kalben, kommen wie unsere Bio-Kollegin auch in einen Kuh-Mutterschutz in eine ruhigere Strohbox mit mehreren hochschwangeren Kühen. Der Mutterschutz beginnt für mich spätestens 50 Tage vor dem Geburtstermin (also ca. 7 Wochen vorher). Gebe ich aber schon früher weniger als 16 bis 17 Liter Milch, dann darf ich vor dieser Frist in die Ferien.
Nach der Geburt lecken wir unsere Kälber mit unseren rauen Zungen trocken, wenn wir zu geschwächt sind, dann greift uns unser Stallpersonal mit Stroh unter die Arme. Denn die Kälber kühlen sonst im schlimmsten Fall aus und werden krank. Die ersten Tage kann ich wie alle Kühe, egal ob bio oder konventionell, nicht gemolken werden. „Schuld daran“ ist die sogenannte „Biestmilch“ (Kolostrum), das ist die erste Milch, die eine Kuh gibt. In dieser Milch sind wichtige Abwehrstoffe enthalten, die unsere Kleinen vor Krankheiten schützen soll. Daher ist es besonders wichtig, dass das Kälbchen eine ordentliche Portion von dieser Milch bekommt, denn Kälber kommen ohne natürliche Abwehrstoffe auf die Welt. Aber auch hier denkt mein Personal mit und hat, sollte ich mal zu wenig von dieser Milch im Euter haben, immer etwas von dieser wichtigen Nahrung eingefroren.
Kalb
Mein Kalb und ich gehen relativ früh getrennte Wege, meist unmittelbar nach der Geburt und der Erstversorgung. So kann keine enge Bindung entstehen und mir wird der Abschied nicht noch schwerer gemacht. Schwuppsdiwupps ist mein Kalb in ein sogenanntes Kälber-Iglu eingezogen. Das ist eine kleine Hütte in abgerundeter Igluform, mit einem Auslauf davor.
Hier siehst du so ein Iglu. Es ist eingestreut und am Auslaufgitter hängt ein Nuckeleimer, in den zweimal täglich frische Vollmilch gefüllt wird. Dieses Kälbchen war übrigens etwas schwach und hat deshalb eine Decke bekommen, die sieht nicht nur modisch aus, sondern hält den kleinen Körper schön warm.
Als Kälber leben wir 3 Wochen lang in diesen Einzeliglus, bevor wir zu siebt oder acht in eine Gruppe kommen. Im Alter von 4 Wochen werden wir enthornt, dafür werden wir örtlich betäubt, damit wir nichts mitbekommen. Bis wir drei Monate alt sind schlafen, fressen und spielen wir auf mit Stroh eingestreutem Betonboden im Außenklima. Danach ziehen wir in ein Stallgebäude mit Betonspalten und ohne Stroh. Unser Personal spielt schon mit dem Gedanken diesen Schritt noch zu verbessern. Bis wir etwa ein Jahr alt sind, stehen wir auf diesen Vollspalten. Dann geht es für uns endlich auf die Weide oder in eine großzügige Strohtiefbox.
Kälberverkauf
Es kommen lange nicht alle Kälber, die auf unserem Hof geboren sind, in unsere Herde. Der Großteil unserer Kälber wird im Alter von 14 Tagen an einen Kälberhändler verkauft. Bis dahin haben wir unser Personal, wenn wir nicht ernsthaft krank gewesen sind 75 bis 80 Euro gekostet, wir sind auf dem Markt aber nur zwischen 0 und 50 Euro wert, wenn wir Bullenkälber sind. Für uns Mädels gibt es keinen einzigen Cent – wir sind ein reines Minusgeschäft, denn für die BEsamung unserer Mütter musste unser Personal im Schnitt alleine schon 35 Euro zahlen. Vielleicht fragst du dich, warum wir Mädels auch verkauft werden? Nun ja, es ist so, dass unsere Herde sonst aus allen Nähten platzen würde und wir nicht alle geeignet sind für die Zucht.
Weide
Insgesamt verbringe ich mit meinen Mädels sechs Monate auf der Weide, diese erreichen wir fußläufig von unserem Stall. Jeden Tag verbringen wir in einer großen Herde rund sechs Stunden unter freiem Himmel. Unser Personal muss wie das Öko-Personal für 10 Kühe einen Hektar Land vorweisen können.
Milch
Jeden Tag geben wir Mädels im Schnitt 27 Liter Milch, also 8 300 Liter im Jahr. Damit unsere Milch einwandfrei ist, wird sie 11mal im Jahr kontrolliert, dafür kommt fremdes Personal zu uns in den Melkstand und nimmt Proben. Würde unsere Milch als Weidemilch verkauft werden, würde unser Personal nur einen Cent mehr Geld pro Liter bekommen. Damit sich die Umstellung auf Weidegang aber rechnet, hat unser Personal noch einen draufgesetzt und unsere Milch hat nun Tierwohl-Milch-Status. Das hat den Vorteil für unser Personal, dass es pro Liter vier Cent (also drei Cent mehr als bei Weidemilch) bekommt. In der Konsequenz werden wir öfter von fremdem Personal kontrolliert – etwa vier Mal pro Jahr.
Für uns hat diese „Tierwohl-Milch“ den Vorteil, dass wir mehr Liegeflächen pro Kuh 1,2 Liegeboxen und zu den 6m2 Stallplatz pro Kuh noch 3 m2 Laufhof pro Nase als Bonus bekommen haben.
Diesen betonierten Bereich finden wir super, hier haben wir auch ein paar Außenklima-Liegeboxen und können unter freiem Himmel fressen.