Es folgt eine Roomtour im Auftrag einer konventionell gehaltenen Milchkuh:
Hallöchen!
Ich bin Gretel und hier siehst du mich und meine Mädels beim Kuscheln mit dem Personal. Wir sind insgesamt 39 Jersey-Rinder. Gerade stehen wir nicht auf der Weide, sondern du triffst uns aktuell im Stall an.
Vielleicht bist du auch gerade deshalb hier bei mir, weil du das Wort „Anbindehaltung“ gelesen hast. Ich möchte dich jetzt nicht länger auf die Folter spannen – die Eckdaten einer Milchkuh kannst du schließlich bei meinen Kolleginnen lesen: Auch ich bekomme einen Kuh-Mutterschutz vor der Kalbung (meiner dauert 6 Wochen) und ich werde nach der Geburt von meinen Kälbern separiert. Meine Bullenkälber werden hier vor Ort gemästet und bei unserem regionalen Schlachter in 12 km Entfernung geschlachtet. Daran verdient unser Personal kaum etwas.
Nun aber zu den Unterschieden: Im Stall lebt ein Teil von uns in sogenannter „Anbindehaltung“, der Rest macht es sich in Strohboxen bequem. Wir sind also wie der Name sagt „angebunden“, damit wir uns nicht kreuz und quer im Stall vor die Füße laufen. Mein Personal sagt, dass es uns so viel besser im Blick hat. Das ist wichtig, weil wir „leichtkalbig“ sind, sprich wir bekommen relativ fix und ohne viel Aufhebens unsere Kälber. Erstmal ist das nicht schlimm, dass wir keine Geburtshilfe brauchen, aber unser Personal muss mein Kalb und mich danach zügig erstversorgen.
Damit du dir die Anbindehaltung besser vorstellen kannst, hier mal ein Fotostream:
Die ganzjährige Anbindehaltung ist übrigens verboten und wir stehen nicht 24/7 in unseren „Ständen“. Wie du siehst stecken unsere Köpfe auch nicht in Ketten, sondern nachgiebigen Hanf-Riemen, mit denen können wir ohne Schwierigkeiten fressen und uns hinlegen, um zu dösen. Auf den Bildern wirkt es vielleicht nicht ganz so, aber ich kann mit dem Halsband problemlos zwei bis drei Schritte vor- und zurückgehen.
Auch, wenn diese Haltung in dieser Form noch erlaubt ist, plant mein Personal dieses Jahr einen neuen Stall für mehr Tierwohl zu bauen. Es hat uns einen Tiefstreustall und einen Melkroboter versprochen. Das ist so eine Maschine, zu der wir frei Schnauze gehen können, wenn unser Euter zu voll ist. Im Winter werden wir aktuell noch an unseren Plätzen im Stall gemolken, im Sommer haben wir einen Melkstand direkt auf der Weide.
In Zukunft macht das alles der Roboter. Und das schöne am neuen Stall ist, dass wir uns frei ablegen können, ohne Halsband. Dieser Stall gilt aktuell als sehr nachhaltig. Sobald der Bau abgeschlossen ist, bekommen wir auch noch ein paar Mädels dazu und unsere WG wird auf 65 bis 70 Kühe aufgestockt. Unseren Weidegang werden wir auch mit dem neuen Stall nicht missen müssen. Und mehr als 70 Kühe möchte unser Personal nicht halten, denn so bleiben wir Kühe ein gut zu bewerkstelligender „Ein-Mann-Job“.
Von diesem Umbau erhofft sich unser Personal, das wir mehr Milch geben und wir ein besser gemischtes Futter bekommen. Jetzt wird die Heulage-Futterrüben-Kraftfutter-Ackerbohnen-Mischung nämlich noch nicht mit dem Trecker in den Stall gebracht.
Weide
Ab Mitte Ende April heißt es Adieu Stall und Hallo Vollweide! Wir sind bis in die kalte Jahreszeit die ganze Zeit an der frischen Luft und werden nur zum Melken reingeholt.
Milch
Unsere Milch ist übrigens auch besonders. Wir sind nämlich keine „Standardmilchkühe“, wie die schwarz-weißen. Diese haben im Schnitt eine höhere Milchleistung, geben also mehr Liter Milch als wir, dafür haben wir aber einen höheren Fettanteil.
Auf dem Bild links siehst du wie die „pure Butter“ auf unserer Rohmilch schwimmt, das ist sehr besonders an unserer Milch.
Je nach Fettgehalt bekommt unser Personal zwischen 12 und 13 Cent pro Liter Milch mehr bezahlt. Natürlich geben wir weniger Milch, als eine „Hochleistungsmilchkuh“, aber das gleichen die Fett-Einnahmen wieder an.
Gesundheit
Wir werden hier sehr alt, ein paar meiner Kolleginnen sind über 15 Jahre alt. Auch unsere Milchleistung lässt sich im Vergleich mit den anderen Jersey-Herdbuch-Herden sehen. Wenn wir doch mal krank werden, bekommen wir häufig erst einmal homöopathische Mittel wie Knoblauch, das hilft zum Beispiel gegen Euterentzündung (Mastitis).