Es folgt eine Roomtour im Auftrag eines konventionell gehaltenen Mastbullen:
Hey du!
Ich bin Kaspar, ich bin ein strammer Bursche. Meine leibliche Mutter ist ein Milchrind und mein Vater war wie von vielen anderen von uns hier ein Fleischrind. Vielleicht erkennst du meinen gräulichen Schimmer, der verrät, dass in mir eine Portion Weiß-Blauer-Belgier steckt. Das ist eine sehr große, schwere Rinderrasse, die in Deutschland nicht in Reinzucht (das heißt zwei Weiß-Blaue-Belgier bekommen reinrassigen Nachwuchs) nicht erlaubt ist. Reinrassige Tiere haben nämlich ein enormes Muskelwachstum und die Kälber können meist nur per Kaiserschnitt auf die Welt geholt werden.
Nun gut, genug geschwafelt: Wo sind wir hier eigentlich? Wir sind hier nicht auf dem Betrieb, auf dem ich geboren wurde und ihr seht dort unten auch keine Mutterkuh, die vier Kälber bekommen hat. Neugierig?
Ich wurde auf einem Milchviehbetrieb geboren und im Alter von 14 Tagen eingesammelt. Mein Personal hier fährt einmal die Woche los auf verschiedene Höfe und sammelt zwischen 150 und 200 Kälber ein, davon sind meist 8 % weibliche Milchrassekälber. Ein Großteil wird weiterverkauft ins Ausland, aber eine Auswahl von Kälbern darf hier bleiben. Und dieses „Hier“ ist ein Betrieb mit sogenannten „Ammenkühen“, das sind so gesehen Leihmütter für uns. Wir haben zwar auf unserem Heimatbetrieb in der Regel schon aus dem Eimer gesaugt, werde aber bei Ankunft an die Milch aus dem Euter von unserer Ziehmutter gewöhnt. Naja, was soll ich sagen. Uns muss man weniger an das Euter gewöhnen, die Kunst besteht vielmehr darin unsere Adoptivmutter an uns zu gewöhnen.
Eine Ammenkuh wird hier jede der rund 60 Kühe, wenn sie selbst ein Kälbchen bekommen hat. Dann drückt unser Personal ihr quasi noch einen oder zwei weitere von uns aufs Auge. Gemeinsam mit drei bis vier dieser Patchworkmuttis leben wir zusammen in großen Strohboxen (im Winter) und auf der Weide (ab Frühjahr). Unser Personal lässt uns sechs bis neun Monate mit unserer Adoptivmutter zusammen, bevor wir abgesetzt und von der Milch entwöhnt werden. Wir werden hier zwischen zwei und drei Jahre alt und meistens direkt im Anschluss an die Weide zum Schlachthof gefahren, der weniger nur eine halbe Stunde entfernt ist.
Nur, wenn wir es nicht schaffen unser Zielgewicht vor dem Winter zu erreichen, werden wir aufgestallt und bekommen Silage mit Stroh gefüttert. Die Gruppe, in der ihr mich antrefft, besteht übrigens aus meinen Ziehgeschwistern. Das hat den Vorteil, dass wir ruhig sind und uns weniger zanken. Entscheidend ist, dass unser Personal uns regelmäßig im Blick hat und wir nicht futterneidisch werden, dann kann es schon mal sein, dass die Boxen sortiert werden, damit der „Chef der Box“ niemanden „krank mobbt“. Das ist aber nicht oft nötig, weil wir von vornherein auf unsere Veranlagung zu wachsen sortiert werden, damit kein Muskelprotz auf ein halbes Hemd trifft. Unser Personal lässt auch gerade einen größeren und moderneren Stall bauen, in dem die kommenden Generationen mehr Platz haben.
Wenn wir geschlachtet werden, sind wir zwischen 630 kg und einer Tonne schwer.
Übrigens werden wir in regelmäßigen Abständen von fremdem Personal kontrolliert & diese Kontrolle zahlt wie jede andere Kontrolle auch unser Stallpersonal selbst. Mittlerweile ist dieser sogenannte „Qualitäts und Sicherheitsstandard (QS)“ der Standard.