Warum benutzen wir Labels?

Label, also zu deutsch „Siegel“., gibt es schon seit dem 14. Jahrhundert. Statt „Brief und Siegel“ gibt es heute vor allem Gütesiegel. Doch was bringen Labels? Ist ein Produkt mit einem x-beliebigen Siegel ausgezeichnet, wird es 5,4 % wahrscheinlicher gekauft. Hat sich der Konsument vorab über das Siegel informiert, dann sind es laut Marktforschung (Splendid Research) nur 2,4 %. Die größte Marktwirkung haben aktuell das staatliche Bio-Siegel und die Stiftung Warentest, aber auch das Ohne-Gentechnik-Siegel ist auf dem Vormarsch. Generell ziehen Konsumenten staatliche Siegel privaten vor.

Was sagt mir dieses Label?

Eigentlich ist diese Frage falsch, denn DIESES EINE Tierwohllabel gibt es nicht. Genau genommen gibt es so viele Tierwohllabel, das der Verbraucher gut und gerne den Überblick verlieren kann. Dabei nützt das beste Label am Ende des Tages nichts, wenn es den Adressaten verfehlt – sprich der Verbraucher an der Ladentheke nichts mit dem Label anzuwenden weiß. Was genau verbirgt sich also hinter den einzelnen Labeln?

Es folgt eine Übersicht über die verschiedenen Labels, durch Klicken auf den Labelnamen wirst du auf die jeweilige Seite des jeweiligen Labels geleitet und kannst sie dir in Ruhe anschauen.

Für mehr Tierschutz
ist ein Tierschutzlabel mit zwei Qualitätsstufen:

Stufe 1: Einstiegsstufe

-ausschließlich gentechnikfreie Futtermittel
-höheres Platzangebot
Schwein: klare Einteilung in die Funktionsbereiche Liegen, Fressen und Koten
Kuh: eine adäquate Liegebox pro Kuh
Mastgeflügel: Außenklimabereich und Strukturelemente

Stufe 2:
Premiumstufe

zusätzlich zu Stufe 1:
u.a. Außenklimabereiche
Zugang zu Auslauf oder Freilandhaltung
Stroheinstreu bei Schweinen


Kennzeichnung für

  • Produkte von Masthühnern und Mastschweine (seit 2013)
  • Produkte von Legehennen (seit 2016)
  • Milchprodukte (seit 2017)

Kontrolle des Labels

zertifizierte Betriebe werden zweimal pro Jahr unangemeldet kontrollierte (externe Kontrollstelle).

Neuland

Die Labelstandards entsprechen der Premiumstufe des Labels „Für mehr Tierschutz“ und gehen über dessen Anforderungen hinaus:

  • ganzjähriger Auslauf ins Freie
  • Strohliegeflächen
  • heimische, Gentechnik-freie Futtermittel
  • keine tierischen FM (Fisch- oder Tiermehle)
  • kein Einsatz von Antibiotika(*) und leistungssteigernden Mitteln
  • Berücksichtigung von artspezifischen Anforderungen

Kennzeichnung für

  • Masthühner
  • Mastschweine
  • Mastrinder
  • Legehennen

Kontrolle des Labels

die Betriebe werden mindestens einmal im Jahr unangemeldet kontrolliert.

Vier Pfoten – Tierschutz kontrolliert

ist ein 2012 eingeführtes zweistufiges Tierschutzlabel mit den Stufen:

Silber

grundlegende Verbesserungen der Lebensbedingungen in der konventionellen Haltung

Gold

  • Tierhaltung nach höchstmöglichen Tierschutzstandards
  • Haltungsvorgaben und Transport- & Schlachtungsvorgaben

Kennzeichnung für

in Österreich: Mastrinder, Mastschweine, Legehennen, Mastenten, Mastputen, Milch- und Fleischschafe, Milch- und Fleischziegen, Masthühner, Milchvieh
in Deutschland: aktuell vorwiegend Molkereierzeugnisse


Kontrolle des Labels

Vermarkter (Lizenznehmern) haben einen Vertrag mit den Landwirten und werden einmal im Jahr unangemeldet kontrolliert

Initiative Tierwohl des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

Mit Start der Brancheninitiative führen teilnehmende Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandel seit 2015 pro kg verkauften Schweine- und Geflügelfleischprodukten 6,25 Cent an teilnehmende Landwirte ab. Hinter dem Bündnis aus Landwirtschaft, Lebensmittelhandel, Gastronomie und Fleischwirtschaft stehen aktuell (mit Stand Dez. 2020) 6660 Betriebe.
Mit den abgeführten 6,25 Cent / kg verkauftem Fleisch werden die Produzenten für die durch die höheren Haltungsanforderungen entstehenden Mehrkosten entschädigt.

Dieses Tierwohlentgeld finanziert die umgesetztenTierwohlkriterien, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen:

  • mindestens 10 % mehr Platz als gesetzlich gefordert (tierartspezifisch)
  • Beschäftigungsmöglichkeiten in Form von veränderbarem, sich verbrauchendem Material (wie Stroh oder Heu)
  • jährliche Kontrollpflicht von Stallklima und Tränkwasser durch unabhängige Experten
  • Schlachttierbefunde werden zentral erfasst
  • Erfüllungspflicht ausgewählter Kriterien aus dem QS-System (z.B. zu tierschutzgerechter Haltung, Hygiene und Tiergesundheit)

Kontrolle der Initiative

Teilnehmende Betriebe werden mindestens zweimal jährlich kontrolliert. Die tiefgründige Programmkontrolle wird maximal einen Tag vor Kontrolle angekündigt, während der jährliche Bestandscheck unangemeldet ist und sich primär auf die Kriterien im Stall bezieht. Bei Verdachtsfällen des Verstoßes können Sonderkontrollen angeordnet stattfinden. Verstößt ein Betrieb gegen die Regularien, wird er von der Teilnahme ausgeschlossen und muss unter Umständen bereits erhaltene Tierwohlentgelte zurückerstatten.

NEU: staatliches Tierwohlkennzeichen

81 Prozent der Befragten wünschen sich ein staatliches Tierwohlkennzeichen

Ernährungsreport 2019

Das Vorbild des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft entworfenen Tierwohlkennzeichen ist eines der bekanntesten Lebensmittellabel: das 2001 eingeführte Biosiegel. Erarbeitet wird das Kennzeichen auf Basis von bereits gesammelten Erfahrungen aus vorangegangenen Labels (vgl. Brancheninitiative). Im Februar 2019 wurden die Kriterien für die freiwillige Kennzeichnung vorgestellt, die eine freiwillige Kennzeichnung in 3 Stufen vorsehen (zunächst mit dem Schwerpunkt auf Schwein, später auch auf Geflügel).

Übersicht der geplanten Kriterien im Schweinebereich nach BMEL:

  • Platz
  • organisches Beschäftigungs-material
  • Buchten-strukturierung
  • Nestbaumaterial
  • Säugephase
  • Schwanzkupieren
  • Ferkelkastration
  • Tränkwasser
  • Eigenkontrolle mit Stallklima- und Tränkewassercheck
  • Tierschutz-fortbildung
  • Erfassung von Tierschutz-indikatoren
  • Transport zum Schlachthof
  • Schlachtung

AKTUELL: Am 15. Dezember 2020 hat der EU-Agrarrat die EU-Kommission mit der Ausarbeitung eines europaweit einheitlichen Tierwohlkennzeichens beauftragt.

Haltungsform

Haltungsform.de versteht sich als eine „Gesellschaft zu Förderung des Tierwohls in der Nutztierhaltung mbH“ die kein selbstständiges Label, sondern die vorhandenen Siegel / Labels zur Haltung von Schweinen, Masthühnern, Rindern und Puten in folgende 4 Stufen kategorisiert:


1) Stallhaltung (gesetzlicher Mindeststandard)
2) Stallhaltung Plus (keine Anbindehaltung, geringfügig höheres Platzangebot, zusätzliches Beschäftigungsmaterial)
3) Außenklima (höheres Platzangebot, Schwein bspw. + 40 %, Kontakt mit dem Außenklima, gentechnikfreies Futter)
4) Premium (höchstes Platzangebot bspw. Schwein + 100 %, gentechnikfreies Futter, Auslauf im Freien)

Auch, wenn Haltungsform.de mit den Schlagworten „Informativ. Transparent. Bewusst.“ wirbt, hat die Verbraucherzentrale im bundesweiten Marktcheck festgestellt, dass sich das Angebot 2019, wie 2020 auf Haltungsform 1 konzentriert (51 % der Produkte). Zwar ist das Haltungskennzeichen aus Sicht der Verbraucherzentrale ein Anfang, ist aber keine Garantie für ein höheres Level an Tierwohl. Deshalb plädiert die Verbraucherzentrale in ihrem Statement zur Haltungsform-Kennzeichnung auf eine zeitnahe Einführung des staatlichen Tierwohllabels. Die Einschätzung der verschiedenen Labels der Verbraucherzentrale findest du hier.

Kurz gefasst

Es gibt mehr als ein Tierwohllabel, aber noch keine verbindlichen Standards, dies dürfte sich mit der Einführung des Tierwohlkennzeichens ändern. Aktuell ist der Verbraucher mit der Vielzahl an Labels und den individuellen Kriterien überfordert. Es wird Zeit, dass das Label-Chaos sich lichtet, um eine verbrauchernähere Transparenz zu schaffen.

Kurz gefasst

Es gibt mehr als ein Tierwohllabel, aber noch keine verbindlichen Standards, dies dürfte sich mit der Einführung des Tierwohlkennzeichens ändern. Aktuell ist der Verbraucher mit der Vielzahl an Labels und den individuellen Kriterien überfordert. Es wird Zeit, dass das Label-Chaos sich lichtet, um eine verbrauchernähere Transparenz zu schaffen.

weiterführende Literaturquellen:
BLE: Tierwohl – was heißt das eigentlich?, in Praxis-Agrar: [online] https://www.praxis-agrar.de/tier/tierhaltung-und-tierwohl/tierwohl-was-heisst-das-eigentlich/?L=0 [19.12.2020].

BMEL: Klöcker: Europäisches Bekenntnis zu mehr Tierwohl und mehr Verbraucherorientierung (2020), in Pressemitteilung Nr. 256/2020: https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/256-agrarrat-tierwohlkennzeichen.html [19.12.2020].

BMEL: Staatliches Tierwohlkennzeichen für Schweine (o.J.): in BMEL, [online] https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierschutz/tierwohl-kennzeichen/tierwohlkennzeichen.html [19.12.2020].

Haltungsform-Kennzeichnung im Handel: Die Auswahl bleibt mangelhaft (2019): in Verbraucherzentrale, [online] https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/lebensmittelproduktion/haltungsformkennzeichnung-im-handel-die-auswahl-bleibt-mangelhaft-25484 [19.12.2020].

Splendid Research Gütesiegelmonitor (2018): Gütesiegel beeinflussen Kaufverhalten, in: marktforschung, [online] https://www.marktforschung.de/aktuelles/marktforschung/guetesiegel-beeinflussen-kaufverhalten/ [21.12.2020].

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