Es folgt eine Roomtour im Auftrag eines biologisch gehaltenen Mastbullen:
Hej du da!
Ich bin Peter und ich nehme dich heute mit in meine Welt. Geboren bin ich auf einem anderen Betrieb, dort habe ich die ersten Lebensmonate bei meiner leiblichen Mutter an der natürlichen „Milchbar“ verbracht. Erst mit mehreren Monaten auf dem Puckel – bei den meisten sind es circa acht – bricht für mich ein neues Kapitel an. Dann reise ich zusammen mit Gleichaltrigen aus meiner Heimat in ein neues Zu Hause. Hier lebe ich in einer Bullengruppe. Auf dem gleichen Hof wohnen aber auch Färsen, das sind junge Kühe, die noch nicht gekalbt haben, und Ochsen, also kastrierte Bullen.
Hier siehst du ein Bild von den Kleinsten unter uns.
Im Frühjahr geht es wieder auf eine kleine Abenteuerreise: Dieses Mal geht es an die Luft! Gemeinsam – manchmal zu 6. oder auch mit rund 20 Kumpels teilen wir uns eine Weide. Wie groß unsere Weide-WG ist, hängt davon ab wie geräumig sie ist und wie viel Futter sie bietet. Gefressen wird nämlich nur was zu unseren Füßen wächst. Und deshalb kontrolliert unser Personal regelmäßig, ob wir noch genug zu futtern haben. Im Sommer kann es schonmal brenzlich werden, dann wird ausgedünnt und umgeweidet, oder wir bekommen eine Weide-WG-Zimmer dazu.
Ein Wasserloch auf der Weide versorgt uns mit natürlichem Wasser, das kann man sich wie einen kleinen Teich vorstellen – in einigen leben sogar hin und wieder Fische.
Steht der Herbst vor der Tür und der Winter naht, holt uns unser Personal mit dem LKW-Taxi wieder ab und bringt uns nach Hause. Das ist in sehr nassen Jahren sehr früh und in wärmeren Jahren später. Spätestens, wenn es ungemütlich ist, wir frieren und wir anfangen Fettreserven zu verbrennen, kommen wir in den Stall. Dort warten unser Strohbett, welches täglich aufgefüllt wird und der Zimmerservice aka Totale-Misch-Ration (quasi ein All-In-One Gourmetessen) schon auf uns.
Unser Heim für die Wintermonate ist dann ein Tierwohlstall. Das Besondere an diesem Stall ist, dass unsere WG-Zimmer größer sind und wir wenn wir zu Tisch gebeten werden mehr Platz haben (Fressplatzbreite). Wenn wir „klein“ sind, wiegen wir zwischen 250 kg und 300 kg und haben einen Anspruch auf 4,5 m². Erst, wenn wir schwerer als 300 kg werden steht uns pro 100 kg Körpergewicht ein Quadratmeter zu.
Außerdem ist es hier die meiste Zeit recht angenehm temperiert, denn die kalte Luft zieht sich durch die Holzverkleidung an den Seiten rein, trifft auf den warmen Dampf unseres Körpers und verhindert, dass uns zu warm in unserem Fell wird (Wir Rinder mögen es nämlich eigentlich, wenn’s etwas kühler ist.)
Je nachdem, ob wir männlich, kastriert (geochst), oder weiblich sind – dürfen wir unterschiedlich lange leben. Am „unproblematischsten“ sind Ochsen – denn sie dürfen bis zu drei Jahre alt werden. Im Schnitt haben sie das Gewicht der Bullen (unkastriert) nämlich erst mit einem Alter von zweieinhalb bis drei Jahren erreicht. Bullen und Färsen nehmen schneller zu und werden spätestens im Alter von zwei Jahren geschlachtet.
Wir Bullen müssen spätestens dann geschlachtet werden, weil unser Personal sonst weniger Geld für uns bekommt.Ansonsten zählen wir nämlich nicht mehr als Jungbullen, sondern als „Altbullen“ und unser Fleisch büßt an Beliebtheit ein. Geschlachtet werden wir auf einem Schlachthof für Biotiere, der drei Stunden von unserem zu Hause entfernt ist.