Wusstest du, dass auch Rinder ein Piercing haben können? In diesem Beitrag erfährst du warum und wieso nicht nur Bullen, sondern auch Kühe einen Nasenring haben können.
Ein wichtiger Hinweis vorweg: Zwischen Bullen- und Kuhringen gibt es einen kleinen feinen Unterschied. Beide Ringe haben einen unterschiedlichen Zweck. Beide liegen aber anders, der vergleichbare Nasenpiercing beim Menschen (Septum) keinen Schönheitsidealen zu Grunde.
Pflicht-Piercing
Für Zuchtbullen ab einem Alter von 12 Monaten besteht eine Piercing-Pflicht. Grund dafür ist, dass der Nasenring das Unfallrisiko verringert, weil der Bulle durch den Ring leichter zu handeln ist. Die Pflicht besteht vor dem Hintergrund, dass Menschen, die mit Bullen arbeiten, sich einer erhöhten Gefahr aussetzen. Ein Bulle darf nur an einer sogenannten „Leitstange“, die auf der Seite des Tieres an einem nicht rostenden Bullen-Ring befestigt wird. Zusätzlich muss das Tier ein Halfter mit einem Leitstrick tragen. So ist die Führperson doppelt abgesichert. Eine Leitstange muss mindestens 1,40 m lang, leicht in den Nasenring einzuhängen und nicht verdrehbar sein. Ist die Leitstange eingehängt, wird sie mit einer Sperre gesichert, damit sie sich nicht wieder öffnet.
Der Nasenring wird den Bullen ohne Betäubung in die Nasenscheidewand eingesetzt. Man spricht hier auch von „einkneifen“, da der Nasenring mit Hilfe einer Zange eingesetzt wird. Hierfür ist nach Paragraph 5 Absatz 2 des Tierschutzgesetzes keine Betäubung erforderlich:
„Eine Betäubung ist nicht erforderlich, wenn bei vergleichbaren Eingriffen am Menschen eine Betäubung in der Regel unterbleibt oder der mit dem Eingriff verbundene Schmerz geringfügiger ist als die mit einer Betäubung verbundene Beeinträchtigung des Befindens des Tieres, […]“
Nasenring für gierige Kühe
Einige Milchkühe verspüren auch als erwachsene Kühe noch den Drang zu saugen. Das geht soweit, dass sie von anderen Kühen Milch saugen. Saugt eine Kuh an einer anderen Kuh, kann die besaugte Kuh ernsthaft krank werden zum Beispiel durch Krankheitskeime, oder aber auch Bissverletzungen (eine erwachsene Kuh hat anders, als ein Kalb ein vollständig ausgebildetes Gebiss).
Nicht zuletzt landet die aus dem Euter „geklaute“ Milch nicht im Milchtank und damit nicht bei der Molkerei. Für die „Viehsaugentwöhnung“ gibt es spezielle Nasenringe mit Gummistacheln. Versucht eine Kuh mit Nasenring eine andere zu besaugen, dann wehrt die andere Kuh den Versuch ab, sobald die Gummistacheln ihr Euter berühren. Durch den Nasenring bemerkt die Kuh also, dass sie besaugt wird.
Dieser Saugentwöhner wird meistens nur eingeharkt in die Nase der Kuh. Eine Schraube in der Mitte des Nasenrings verhindert, dass er sich wieder lockert. Dieser Nasenring durchstößt die Nasenscheidewand nicht, sondern liegt von beiden Seiten (beide Nasenlöcher) eng an.
Die Alternative ist ein durchstoßender Ring, der vergleichbar mit dem Bullenring ist, nur vorne eine Reihe von Gummistacheln hat. Wird die durchstoßende Variante genommen, dann bleibt der Ring meistens am Tier. Der Saugentwöhner, der nur eingeharkt ist, kann nach erfolgreicher Entwöhnung und Säuberung wiederverwendet werden und ist somit nur ein „Piercing auf Zeit“.
Deter, Alfons (2014): Tipps zur sicheren Bullenhaltung, f3, [online] https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/tipps-zur-sicheren-bullenhaltung-9604312.html[abgerufen am 18.8.2021].
Felber, Tom (2014): Ist ein Nasenring bei einer Kuh eine Tierquälerei?, nzz, [online] https://www.nzz.ch/zuerich/region/ist-ein-nasenring-bei-einer-kuh-eine-tierquaelerei-1.18440007 [abgerufen am 18.8.2021].
Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (2020): Unfallverhütungsvorschrift Tierhaltung, Paragraph 10, Seite 11 [online] https://cdn.svlfg.de/fiona8-blobs/public/svlfgonpremiseproduction/77f8dc0ba134479a/94e9ef1ca077/VSG_4.1_2021.pdf [abgerufen am 18.8.2021].