Öffentlichkeitsarbeit für jeder*mann*frau*tier.

Ziel dieses Öffentlichkeitsarbeits-Startup ist es Tierrechtler, Landwirte, Verbände und Verbraucher an einem virtuellen runden Tisch zusammenkommen zu lassen. Das Repertoire enthält daher ein breites Informationsangebot für ein besseres (realitätsnäheres) Verständnis für die landwirtschaftliche Praxis & den interessierten Verbraucher.

Du möchtest regelmäßig tierischen Content in deinem E-Mail Postfach? Worauf wartest du dann noch? Schreib dich ein für den Newsletter:

Image Alt

Roomtour: konventionelle Zuchtsau

Es folgt eine Roomtour im Auftrag einer konventionell gehaltenen Zuchtsau:

Hey du da!

Ich bin eine von 420 konventionellen Zuchtsauen hier. Ich bin eine Kreuzungssau der Rasse TN70. Auf dem Bild oben siehst du mich mit meinen Ferkeln, von denen habe ich in der Regel circa 15,5 Stück pro Wurf. In den ersten fünf Tagen versterben üblicherweise einige meiner Neugeborenen und ich mache am Ende des Tages zwischen 13 und 14 Ferkeln groß, aber dazu gleich mehr:

Da ich gerade Ferkel bekommen habe, wohne ich im Abferkelbereich des Stallgebäudes. Dieses Gitter, hinter dem ich liege, nennt sich “Ferkelschutzkorb” und soll meine Ferkelchen davor bewahren, dass ich sie erdrücke. Vielleicht klingt das komisch für dich, aber einige von uns hauen sich einfach schlagartig aufs Ohr und selbst, wenn ich sehr vorsichtig bin – habe ich nie alle meine Strolche im Blick. Also rutsche ich an dem Korb runter und das Risiko Ferkel zu erdrücken sinkt erheblich. Dann kommen meine Ferkel an meine Zitzen und zapfen sich ihre Milch. Vor allem in den ersten fünf Tagen sind meine Ferkel noch unbeholfen und wissen nicht wo sie “andocken” sollen. Diese Zeit brauchen sie, um uns “einzuspielen” und eine “Saugordnung”, also meine Zitzen untereinander aufzuteilen. Jedes Ferkel bedient sich danach immer an der gleichen Zitze. In dieser Gewöhnungszeit treten natürlicherweise die meisten Ferkelverluste durch Erdrücken auf, ganz vermeiden kann mein Gitterkorb das leider auch nicht.

Im letzten Jahr wurden diese Körbe verboten. Mein Personal hat jetzt 15 Jahre Zeit den Stall umzubauen und sogenannte Bewegungsboxen zu bauen. Das klingt vielleicht nach einer langen Zeit für dich, aber so ein Umbau braucht Zeit und sehr viel Geld. Für viele Betriebe und anderes Personal bedeutet das erhebliche Existenzprobleme. Mein Personal müsste dafür einen ganz neuen Stall bauen. Dafür braucht es Genehmigungen und viel Geld.

Vor dem Ferkel

Bevor ich “abgeferkelt” habe – so nennt man die “Entbindung” bei uns Schweinen – war ich im sogenannten “Deckzentrum”. In diesem Stallabteil steht wieder so ein “Gitterkasten” – der sogenannte “Kastenstand”, auch dieser ist seit letztem Jahr mit einer Übergangsfrist von acht Jahren verboten worden, also bis 2028 noch zulässig. Zukünftig darf ich nur noch fünf Tage während der Besamung fest in so einem Kastenstand stehen, dann hat mein Personal Angst, dass ich durch ein höheres Stresslevel nicht tragend werde. Denn am 21. Trächtigkeitstag nisten sich erst meine Eizellen ein und in dieser Zeit bin ich sehr stressempfindlich. Wenn dann wieder meine Libido steigt – bei Schweinen nennt man das “rauschig sein” – wurde die Schwangerschaft abgebrochen und ich muss wieder besamt werden. Das bedeutet für mein Personal wieder mehr Kosten und für mich wieder eine Zeit im Kastenstand.

Aktuell stehe ich im Kastenstand 28 Tage fest und werde dort künstlich besamt. Das hat für mein Personal den Vorteil, dass es meine Trächtigkeit einfacher kontrollieren kann. Und für mich hat es den Vorteil, dass ich keine Fehlgeburt durch Rangkämpfe mit den anderen habe, die ich durch meine vorangegange Mutterschaft einen Monat lang nicht gesehen habe.

Auf meinem Rücken habe ich drei Punkte, weil ich dreimal besamt worden bin. Wir werden hier in der Regel alle 12 Stunden besamt. Die Punkte haben zwei verschiedene Farben, weil ich an zwei verschiedenen Tagen besamt wurde

Besamt werde ich übrigens mit dem Sperma eines reinrassigen Zuchtebers. Unsere Ferkel nennt man deshalb “Hybridferkel”, sie sind eine perfekte Mischung aus drei Schweinerassen. Die Gene meiner Ferkel sind dadurch optimal auf die Mast abgestimmt. Meine Veranlagungen, wie Muttereigenschaften teilen sie aber nicht und deshalb züchtet mein Personal nicht mit meinen kleinen Ferkeln weiter.

Eber-Date

Ob eine Sau wie ich empfänglich ist, erkennt das Personal am sogenannten “Duldungsreflex”, darunter versteht man einfach, dass ich stehen bleibe, wenn ich etwas auf meinem Rücken spüre. In der Regel wird dafür ein Bügel benutzt, der sich anfühlt, als würde der Eber meiner Träume auf mich aufspringen.

Natürlich ist dieser Bügel um einiges rückenfreundlicher, als so ein gutgenährter Zuchteber. Einen echten Kerl bekomme ich aber trotzdem zu Gesicht. Wir Mädels teilen uns hier zwei von dieser Sorte. Die nennt unser Personal “Sucheber”. Sie laufen in einem Gang vor unserer Nase auf und ab und beschnuppern uns. Und was soll ich sagen, der Geruch macht mich verrückt und wenn wir uns Rüsselscheibe an Rüsselscheibe verliebt in die Augen sehen, ist es um mich geschehen und ich vergesse, dass ich gerade künstlich besamt werde.

Nach den 28 Tagen im “Kastenstand”, darf ich in den “Wartestall” mit 49 anderen Sauen. Erst sieben bis fünf Tage vor meinem errechneten Abferkeltermin werde ich zurück in die Abferkelbucht gebracht. Den Geburtstermin kann man sich übrigens karo-einfach merken: 3 Monate 3 Wochen 3 Tage machen summa summarum 115 Tage.

  Du siehst hier keine Kastenstände, sondern sogenannte “Selbstfangfressbuchten”, aus denen wir jederzeit rückwärts rauslaufen können.

Hier siehst du mich im Wartestall – keine Sorge in den Gitterkästen stehe ich nicht fest, ich kann jederzeit eigenständig rückwärts ausparken. Aber der Vorteil hier ist, dass ich für mich selbst fressen kann und mein Futter nicht teilen muss – denn wenn eine Box belegt ist, dann kommt keine andere Sau rein. Mein Personal findet diesen Stall aus dem Jahre 2014 zwar arbeitstechnisch einwandfrei, aber auch dieser Stall muss in spätestens acht Jahren komplett neu gebaut werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Abferkelbereich

Wir haben hier drei verschiedene Abferkelzimmertypen, aber alle haben einen Ferkelschutzkorb. Der einzige Unterschied ist, dass sie unterschiedlich alt sind, weil der Stall früher kleiner war. Die Abferkelbox, in der ich hier liege ist eine modernere – sie ist sechs Jahre alt.

6 Jahre alter Ferkelschutzkorb

20 Jahre alte Abferkelbox

Category:

Date: