Es folgt eine Roomtour im Auftrag einer konventionell gehaltenen Legehenne in Kleingruppenhaltung:

Hallöchen!

Mein Name ist Frieda und ich lebe auf einem konventionellen Hühnerbetrieb. Hier leben 2 000 Hühner in „Kleingruppenhaltung“.

Das ist eine Haltungsform, die quasi ein „Upgrade“ zur verbotenen Käfighaltung ist. Sie ist aber mittlerweile verboten. Verboten !? Keine Sorge, wir leben hier nicht illegal – unser WG darf noch bis 2025 so bestehen bleiben. Diese „Übergangsfrist“ hat unser Personal bekommen, weil es wie andere Personale unsere WG komplett auflösen und neubauen muss. Und so ein Stallneubau kostet sehr viel Geld.

Es war einmal ein Zwidderhuhn …

Ich habe euch vorhin angeschwindelt, denn eigentlich leben hier 2 001 Hühner und ich habe einen Sonderstatus. Mittlerweile bin ich etwas mehr als drei Jahre alt und lebe damit dreimal solange wie meine Nachbarinnen. Ich lebe in einem eigenen WG-Zimmer und darf mir (wenn nicht gerade Hühner-Lockdown wegen der Geflügelgrippe verordnet ist) die Füße auf dem Hof vertreten. Besonders an mir ist, dass ich ein Zwidder bin: Bei mir wechselt sich Hahn & Henne ab, denn eine zeitlang krähe ich und lege keine Eier. Das ist aber nur phasenweise so. Faszinierend, nicht? Das ist mit ein Grund dafür, warum mein Personal sich nicht von mir trennen kann und ich hier ein zu Hause auf Lebenszeit habe.

Aber mal wieder zum Wesentlichen – ich habe hier 2 000 Freundinnen. Wenn wir auf dem Betrieb ankommen sind wir 22 Wochen alt. Meine Freundinnen leben in Gruppen von je 48 Federkleidern in WG-Zimmern mit Gitterstäben – Menschen nennen die WG-Zimmer „Käfige“. In einem WG-Zimmer hat eine Henne 0,9 m² Platz. Zu futtern bekommen alle hier eine Mischung aus Kalk, Weizen-, Mais-, Sonnenblumen-, Erbsen- und Gerstebestandteilen. In unserem „Futter-Rund-Um-Sorglos-Paket“ landet aber auch Exotisches: Austernschalen und auch Soja haben sich in unserer Mischung versteckt.

Hühner-Lockdown

Der Hühner-Lockdown ist für meine gefiederten Freundinnen ein Fremdwort, denn für sie hat sich, anders als für Freiland-WGler, nichts umgestellt. Unser Personal sagt, dass die Eier und Federkleider in den WG-Zimmern sehr sauber bleiben. Außerdem hat es uns sehr gut im Blick und das WG-Klo lässt sich einfacher reinigen. Wir haben hier übrigens eine künstliche Beleuchtung und kein natürliches Tageslicht. Ein Problem unserer WG-Aufteilung ist, dass wir uns gegenseitig nackig machen. Das sogenannte „Federpicken“ tritt verstärkt auf, wenn wir nervös und unausgelastet sind, dafür braucht es nicht immer viel – manchmal reicht auch eine zu helle Glühbirne, die die Furie in uns weckt.

WG-Renovierung

Da unsere WG saniert werden muss, laufen die Planungen unseres Personals auf Hochtouren. Geplant ist ein WG-Zimmer in Bodenhaltung mit einem überdachten Anbau, in dem wir uns den Wind um den Schnabel wehen lassen und im Sand baden können. Meine aktuellen Nachbarinnen werden das zwar nicht mehr erleben, weil die Federkleider – ausgenommen meiner Wenigkeit – im Alter von einem Jahr geschlachtet werden, aber alle folgenden werden die Möglichkeit haben sich aktiver zu bewegen. Für unser Personal steht aber eines fest: Stubenhocker werden wir hier (ausgenommen ich) immer bleiben, denn die Freiland-Federkleider beim Nachbarn um die Ecke bekommen regelmäßig Besuch von vierbeinigen, oder fliegenden Federdieben.

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