Es folgt eine Roomtour im Auftrag einer ökologisch gehaltenen Zuchtsau:
Hey ihr!
Ich bin Susi eine Angler Sattenschweindame aus ökologischem Hause. Wir haben alle einen Namen und sind herdbuchgeführt. Das heißt wir haben alle gesonderte Papiere, die belegen, dass wir reinrassige Zuchtsauen sind. Hinter diesem „alle“ stehen aktuell neben mir drei weitere Zuchtsauen und eine Jungsau, also eine „Zuchtsau in Ausbildung“, wie auch ein Eber.
Aktuell habe ich Ferkel, das heißt ich bin „ferkelführend“. Zwei Wochen vor der Geburt werde ich von den anderen separiert. Dann habe ich noch genug Zeit meine Hütte vorzubereiten und mir ein Nest zu bauen, das ist übrigens ein natürlicher Instinkt. Auch meine wilden Verwandte die Wildsau (Bache in Jägersprache) kapselt sich von ihrer Gruppe (Rotte) ab und baut ein Nest für ihre Ferkel (Frischlinge).
Vom Geburtstag meiner Ferkel an verbringe ich dann sechs Wochen mit meiner Rasselbande unter freiem Himmel (Sommer wie Winter) auf einem eigenen Stück Weide. Gleich nebenan wohnt unser Eber, der Vater meiner Zöglinge, und auf der anderen Seite unsere Nachbarin mit ihren Ferkeln.
Im Schnitt verliere ich 10 % meiner Ferkel durch Erdrücken, oder Schwäche meiner Kleinen. Meistens bekomme ich 10 Ferkel pro Wurf groß. Wenn meine Ferkel 6 Wochen alt sind und abgesetzt, also von der Milchbar entwöhnt werden, werde ich nach kurzer Zeit wieder empfänglich (rauschig) und ziehe nach nebenan zu meinem Schmuse-Eber. Hier kommen wir noch in den Genuss des Borste-Zu-Borste-Kontakts, denn wir werden natürlich gedeckt (Natursprung).
Ferkel
Meine Ferkel wiegen gute 15 kg, wenn sie gemeinsam in eine Aufzuchtbox umziehen. Diese Box ist betoniert, mit Stroh eingestreut und hat weiterhin Zugang zum freien Himmel. Ein Teil meiner Ferkel wird hier auf dem Hof weitergemästet, ein anderer Teil wird im regionalen Umkreis an einen anderen Mäster verkauft und ein ausgewählter Teil meiner Kinder, der aus züchterischer Sicht besonders gut geraten ist, zieht das ganz große Los. Diese Kids haben häufig andernorts eine Zukunft als Zuchtsau, oder Zuchteber.
Hier achtet unser Personal penibel genau auf die sogenannten „rassentypischen Merkmale“, also inwieweit unser äußeres Erscheinungsbild dem aus züchterischer Sicht „Idealen-Angler-Sattelschwein“ ähnelt. Wir stehen nämlich auf der roten Liste für bedrohte Rassen weißt du. Wer eine korrekte Färbung, das heißt einen gut sichtbaren „Sattel“ – dem wir übrigens unseren ulkigen Namen verdanken – und keine weißen Beine hat, ist ganz weit vorne im Rennen. Als nächstes ist aber auch ein langer Rücken und die Schlappohrengröße wichtig, die Ohren müssen über meine Augen lappen, dann bin ich ein vorzeigbares Angler Sattelschwein und habe hohe Chancen auf ein Zuchtlos.
Die Mastschweine werden hier im Übrigen nicht nach Gewicht sondern Alter geschlachtet. Da die männlichen Ferkel nicht kastriert werden, werden sie als Eber gemästet und der Eberhormon-Haushalt macht, dass er anfängt zuriechen. Sprich er entwickelt den sogenannten „Ebergeruch“, den finden wir Sauen zwar zum Anbeißen, aber vielen Zweibeiner vergeht der Appetit. Nicht alle Zweibeiner können diesen Geruch wahrnehmen – in anderen Ländern wie England werden beispielsweise viel mehr Eber gemästet und gegessen, aber diese Tiere werden mit einem geringeren Schlachtgewicht geschlachtet. Kurz um, wir werden spätestens an unserem 180. Lebenstag geschlachtet. Ob ein Schwein „Ebergeruch“ hat, wird am Schlachthof durch Erhitzung einer Fleischprobe getestet (das bedeutet einen erhöhten Aufwand für den Schlachtprozess, der entfällt, wenn ein Mastschwein kastriert ist).
Als Zuchtsau lebe ich in der Regel sechs Jahre, dabei bin ich etwa ein Jahr alt, wenn ich das erste Mal Ferkel habe. In meinem ganzen Leben habe ich zwischen 8 und 10 mal Ferkel, denn in der Regel komme ich auf zwei Würfe pro Jahr.
Futter
Gefüttert werden wir hier übrigens einmal täglich mit Kraftfutter und Silage per Hand. Ansonsten fressen wir auf der Weide alles, was uns unter den Rüssel kommt vom Wurm, über die Wurzel, bis hin zum Grünzeug.
Weide
Da es in meiner Natur liegt den Boden mit meiner Rüsselscheibe auf der emsigen Suche nach tierischem Protein umzupflügen und Krater für Schlam-Spa-Bereiche auszuheben, wandern wir Schweine jedes zweite Jahr mit der Fruchtfolge (also wenn eine andere Pflanze auf dem Acker wächst, als das Jahr zuvor). Wie stark wir buddeln ist ganz unterschiedlich, unser Personal hat für die Extremfälle immer noch eine Ersatz-Wiese in petto, damit die Grasnarbe nicht zu überstrapaziert wird. Wenn’s ganz schlimm ist und wir die Wiese langfristig schwarz gebuddelt haben, wird das Grün von unserem Personal bei nächster Gelegenheit wieder nachgesät.
Wichtige Info: Die Bilder sind natürlich nicht aus dem Winter, sondern Sommer (ausgenommen Mastbilder). Um alle Weideflächen hat mein Personal einen doppelten Zaun aufgestellt, damit wir keinen Kontakt mit wilden Artverwandten haben. Die können uns nämlich aktuell ernsthaft krank machen. Aktuell ist nämlich die sogenannte „Afrikanische Schweinepest“, kurz ASP, im Umlauf.